Buchtipp von Literaturtest:
“Willkommen im Land der Götter! Gideon Böss durchstreift die bunte Glaubensrepublik Deutschland und fördert Informatives und Überraschendes zutage
Deutschland sei längst ein Einwanderungsland, sagt Gideon Böss. „Zumindest was seine Götter betrifft.“ Der Schriftsteller und „Welt“Kolumnist hat sich aufgemacht, die alteingesessenen, zugezogenen und neuen Religionen und Glaubensgemeinschaften hierzulande besser kennenzulernen.
Mit seinem Buch „Deutschland, deine Götter: Eine Reise zu Kirchen, Tempeln, Hexenhäusern“, das nun bei Tropen erschienen ist, legt Böss einen Erlösungsreiseführer der etwas anderen Art vor. Darin sucht er nicht nur alte Religionen wie den Katholizismus, den Islam oder das Judentum auf, um sie unter dem Mikroskop der Sinnsuche zu begutachten, sondern er betrachtet auch eher exotische Glaubensausrichtungen – so etwa die OshoBewegung.
Mit dem Blick des neugierigen, interessierten und unterhaltsamen Reporters durchstreift der Atheist das Land, um herauszufinden, warum Menschen glauben, wie sie glauben und ob für ihn persönlich nicht doch eine passende Religion existiert.
Böss schreibt:
„Zwischen der Nordsee und den Alpen haben wir jedenfalls alles, was das monotheistische, das polytheistische und jedes andere sinnsuchende Herz begehrt. Und weil ich nicht weiß, wozu mein Herz tendiert, besuche ich sie eben alle. Ich werde gewissenhaft prüfen, was Freikirchen, Sekten, Tempelgemeinden und Druidenzirkel mir für spirituelle Angebote machen können. Vergleichen ist schließlich nicht nur beim Kauf von Smartphones wichtig, sondern auch auf der Suche nach einer Heimat für die eigene Seele.
Schließlich sind 65 Prozent der Deutschen in einer Religion organisiert, da wäre es doch fahrlässig, sich dieses Produkt für die Seele nicht einmal genauer anzuschauen.“
In Deutschland, so Böss, mögen den großen Kirchen immer mehr Mitglieder abhandenkommen. Aber die religiöse Sinnsuche befinde sich keineswegs in einer Krise.
Tatsächlich werde das religiöse Leben hierzulande kleinteiliger, bunter und teilweise exotischer. Böss durchreist das Land von Norden nach Süden, von Westen nach Osten.
Mit dem aufrichtigen Herzen des aufklärerisch Interessierten trifft er auf Vertreter von 26 Glaubens- und Kultgemeinschaften, so auf Hexen in Aachen, Mandäer in Nürnberg, die Heilsarmee in Dresden, Quäker in Bad Pyrmont, Hindus in Hamm oder Heiden im hessischen Butzbach. In Berlin begegnet er Mormonen, Scientologen, dem einzigen Raelisten der Hauptstadt oder der ältesten Moschee des Landes, die 1928 für die Lahore Ahmadiyya Bewegung eröffnet wurde. „Der Pionier für den Islam in Deutschland“, schreibt er, „war nicht die Türkei oder ein arabischer Staat, sondern das damalige Indien und heutige Pakistan.“
Seine Begegnungen beschreibt Böss mit dem nötigen Ernst und mit dem notwendigen Humor, ohne dabei den entscheidenden Respekt vermissen zu lassen. Als Leser erfährt man Informatives und Überraschendes über die bunte Religionsrepublik Deutschland, was vor allem in der aktuellen Diskussion zu erkenntnisreichen Einsichten über den Islam führt.
Böss betont, dass seine sinnsuchende Reise auch eine Reise zur deutschen Zivilgesellschaft gewesen sei, in der die Kirchen und Glaubensgemeinschaften Flüchtlingen nach eigenen Kräften und Möglichkeiten mit Schlafplätzen, Essen oder Behördengängen helfen.
In jedem Fall ist Böss ein einsichtiger und spannender Reiseführer gelungen, der dem Leser einen neuen frischen Blick auf die Sinn und Erlösungssuche der Deutschen ermöglicht. Ein Buch zur richtigen Zeit.”
Gideon Böss
Deutschland, deine Götter
Eine Reise zu Kirchen, Tempeln,
Hexenhäusern
398 Seiten, gebunden
Tropen
ISBN 9783608502305