„Von Land und Meer, Herrschaft und Krieg, Mythos, Kult und Erlösung“ lautet der Untertitel. Dieses Buch gehört zu den seltenen Werken, die das Wissen des Historikers und das Nachdenken über das Wissen zu Überlegungen vereinen, die Geschichte und Gegenwart vermischen – einfach wunderbar!
Es ist ein Buch der Fülle. Der Autor begibt sich mit uns auf eine Wanderung durch Regionen, Orte und Ereignisse der Antike und wandert gedanklich mit uns durch soziale, geographische und zeitliche Räume rund um das Mittelmeer. Er erläutert und erklärt uns, was andere dazu erforschten und so erhalten wir Einblick und Überblick.
Irgendwie ist es wie ein Reiseführer durch Raum und Zeit. Ich sehe den Autor manchmal richtig vor seiner Reisegruppe stehen und an Denkmälern oder Vasen oder Ikonographien all die Zusammenhänge erläutern, die in diesem lesenswerten Buch zu finden sind.
Auf Seite 442 von 653 Seiten lesen wir: „Während das von den Griechen vorgelebte, auf die aktive Bürgerbeteiligung am Gemeinwesen gegründete Staatsverständnis von einer Verfassung eingerahmt wird, die sich die Bürger des betreffenden Gemeinwesens selbst verordnen und die jederzeit verändert oder an neue Gegebenheiten angepasst werden kann, braucht das Kalifat keine Verfassung, keinen Wandel, im Grunde genommen auch keinen Staat und keine Politik…“
Dieser kleine Absatz zeigt wie viel Sprengkraft in der Geschichte liegt, wenn man genauer draufschaut. Wir sind heute nicht klüger weil wir technisch neuer sind, aber das ist auch eine der Lehren, daß man aus dem Scheitern früher nichts lernt.
Mir fällt dann auch in der aktuellen Situation ein, daß damit der Islam in dieser Form mit unserer demokratischen Gesellschaft unvereinbar ist.
Und noch etwas anderes steckt in diesem zitierten Absatz – die Kraft von Volksabstimmungen. In Deutschland gibt es weder eine Volksabstimmung über eine Verfassung, die sogar das Grundgesetz vorsieht, noch Plebiszite über aktuelle Fragen wie in der Schweiz, damit das Gemeinwesen sich zusammen weiterentwickeln kann. So schwächt sich das System von innen heraus und die Herrschenden und die Regierenden tun alles, um so etwas zu verhindern…
So sehen wir in der Geschichte, woran wir scheitern werden ohne es zu verhindern, obwohl wir es könnten.
Insofern ist dieses Buch ein sehr inspirierendes Werk für eigene Gedanken und Überlegungen.
„Die Begriffe Universalität und Globalisierung sind heute in aller Munde, aber sie sind nicht neu, ihre Wurzeln reichen bis in die Antike, in den durch Hellenismus und das Römische Reich geschaffenen Kulturraum.
Der große Althistoriker Pedro Barceló entwirft, als Summe seiner jahrzehntelangen Beschäftigung mit der alten Welt, das Panorama der wichtigsten Faktoren der politischen, ökonomischen, sozialen und religiös-kultischen Entwicklungen der Antike. Dabei arbeitet er die prägenden räumlichen Begebenheiten und kulturellen und mentalen Konstanten heraus, die die antike Geschichte über zweitausend Jahre bestimmten: Welche überzeitlichen Mythen durchziehen die griechisch-römische
Mittelmeerkultur? Welche gemeinsamen Vorstellungen von Göttlichem, von Herrschaft oder Feindschaft?
Denn es sind vor allem diese anthropologischen Phänomene, die den Kulturraum von Ägyptern, Griechen und Römern zu einem großen Ganzen machten, und die uns heute noch prägen – weil wir in ihren Fußstapfen wandern.“
Man kann das Buch in Häppchen lesen, weil es ein gutes Inhaltsverzeichnis hat, aber es ist eben noch ein richtiges Buch und daher eher für Menschen geeignet, die noch ein richtiges Buch von vorne bis hinten lesen wollen, das aus der Sache heraus dicker ist und tiefer blicken läßt. Es ist allerdings kein Nachschlagewerk, weil ein Personen- und ein Sachverzeichnis fehlen.
Das Buch ist bei WBG erschienen.
Barceló, Pedro
Die alte Welt
Von Land und Meer, Herrschaft und Krieg, Mythos, Kult und Erlösung
ISBN 978-3-8053-5186-7