INS OFFENE Fotokunst im Osten Deutschlands seit 1990

Dieses Fotobuch ist sicherlich ein Leckerbissen. Es ist als bleibende Dokumentation zu einer Ausstellung im Kunstmuseum Moritzburg gemacht und es bietet fotografisch Zugänge und Türen in sich verändernde Strukturen unserer Gesellschaft und die „Wahr“nehmung.

INS OFFENE ist in drei Kapitel gegliedert:

Fotografie als Medium
mit Werken von Claudia Angelmaier, Laura Bielau, Klaus Elle, Thomas Florschuetz, Florian Merkel, Floris M. Neusüss, Oskar Schmidt

Fotografie und Gesellschaft
mit Werken von Sibylle Bergemann, Grit Hachmeister, Ingar Krauss, Karl-Ludwig Lange, Emanuel Mathias, Stefan Moses, Rudolf Schäfer, Erasmus Schröter, Katharina Sieverding

Fotografie der Dinge und Räume
mit Werken von Ute Mahler und Werner Mahler, Ricarda Roggan, Hans-Christian Schink, Michael Wesely

„Die Ausstellung widmet sich mit dem Abstand von mehr als 25 Jahren erstmals der Frage, welchen Einfluss der Wechsel politisch-ideologisch wie ökonomisch konträrer Gesellschaftssysteme auf das Werk, die Biografie und die künstlerische Weltsicht von Fotografinnen und Fotografen hatte und bis heute hat. So werden am künstlerischen Werk ablesbare und erkennbare Veränderungen und Entwicklungen – persönliche und soziale wie auch allgemein gesellschaftliche – ebenso wie künstlerische Kontinuitäten und Konsequenzen der in diesem Zeitraum entstandenen Fotografien im direkten Vergleich erlebbar.

Wie hat sich das fotografische Werk im Osten Deutschlands sozialisierter Fotografinnen und Fotografen weiterentwickelt bzw. verändert? Welche nun offen stehenden neuen Möglichkeiten wurden erprobt? Welche Resultate sind zu beobachten? Wo veränderte sich die gesamte Arbeitsweise und wo „nur“ das Sujet? Wo gibt es Verwerfungen, wo Kontinuitäten? Die damit im Zusammenhang stehende Frage, wie Fotografinnen und Fotografen aus den alten Bundesländern mit den neuen Realitäten der Wiedervereinigung umgingen, wird anhand repräsentativer Beispiele beantwortet: Wer interessierte sich in welcher Weise für den Osten? Welche Auseinandersetzungen und welche Begegnungen fanden statt? Was zeichnet die Bilder aus?“

Mit diesen Worten aus der Ausstellung und aus dem Buch ist sehr treffend umschrieben worum es geht. Die sozialen Themen sind noch am ehesten direkt nachvollziehbar, wenn Fotos von früher und später in einer zeitlichen Abfolge zu sehen sind.

Thematische Werke und Zugänge einzelner Personen auf Themen und Zeitumstände sind sehr individuell erlebbar. Besonders gelungen finde ich, daß INS OFFENE offen ist und auch sog. westdeutsche Fotografen zeigt, die im damaligen Ostdeutschland fotografiert haben wie z.B. Stefan Moses.

Das Buch selbst ist gut gemacht und gut gedruckt, so daß es viele Jahre genutzt werden kann.

Und es hat etwas, das ich sehr reizvoll finde. Es gibt konkrete Antworten auf die Frage was denn Fotokunst ist? Wenn es Fotokunst gibt muß sie von Nicht-Fotokunst unterscheidbar sein.

Mit dieser Frage im Kopf sollte man auch einmal durch das Buch blicken.

T.O. Immisch hat in einem Beitrag des Buches die Veränderungen der Wahrnehmung von Fotografie als Kunst beschrieben und setzt dadurch einen Rahmen, der ziemlich groß ist, weil es hier auf das Konzeptionelle ankommt, dazu gehört auch der Wechsel von der Öffentlichkeit zum alleinigen Inszenieren im Studio oder anderswo mit der Kamera.

Hier höre ich dann auch auf mit der Besprechung des Buches und empfehle das Buch und zusätzlich die Ausstellung, solange sie noch zu sehen ist.

Beides ist sehr sehenswert.

Das Buch ist im Mitteldeutschen Verlag erschienen.

Christian Philipsen i. V. m. Thomas Bauer-Friedrich (Hg.)
Ins Offene
Fotokunst im Osten Deutschlands seit 1990
Mit Beiträgen von T. O. Immisch, Gabriele Muschter und Uwe Warnke
Bild-Text-Band

160 S., geb., 220 × 275 mm, s/w- und Farbabb.
ISBN 978-3-96311-046-7