Heidelberg schwarz auf weiß

Urbane Poesie zwischen Bildern und Worten soll dieses Buch sein. Und es gelingt. Ein kleines Buch schafft es, eine Stimmung beim Blättern und beim Lesen zu erzeugen, die Melancholie und Weltschmerz mit Da-sein zwischen Geschicht und Gegenwart verbindet.

Die Gedanken zu und aus Heidelberg von Jean Paul, Robert Schumann, Walter Benjamin und anderen schlagen die Brücke zwischen heute und gestern und vermitteln diese Poesie zu den Fotos: Eine Stadt, in der Menschen kommen und gehen aber die Strukturen bleiben bestehen.

So ist hier ein kleines Buch gemacht worden, das echt eine Stimmung erzeugt – zumindest bei mir.

Alle Fotografien sind monochrom schwarzweiß. Sie ermöglichen dadurch einen Abstand des Blicks, weil Farbe erst im Kopf umgesetzt werden muß.

Sehr bezeichnend dafür ist die Brücke im Sonnenlicht (auf Seite 7). Sie zeigt eben nicht nur die Struktur sondern weil die Sonne die Flächen dominiert und zugleich keine Farbe zu sehen ist, blickt man automatisch mehrfach hin und erlebt die Wärme irgendwann über das Denken im Kopf.

So entstehen Bilder im Kopf.

Und weil dieses Foto eben nicht so ist wie heute üblich, nämlich stark kontrastierend, sondern eher dezent darstellend, wirkt es viel subtiler und stärker.

Zum Gelingen dieser Eindrücke trägt sicherlich auch das Format dieses Buches bei. Im Format 24 x 16,5 cm gelingt es Fotos angenehm groß darzustellen und dabei weder zu groß noch zu klein wirken zu lassen.

Fotografien von Thaddäus Zech und Texte von Johann Wolfgang von Goethe bis Hilde Domin, ausgewählt von Geraldine Gutierrez-Wienken. Die Namen dieser Menschen ergeben hier eine ganz wunderbare Mischung, die wirklich wirken kann, wenn man sich darauf einläßt.

„Als Filmemacher und Fotograf interessierte er sich ganz besonders für Caracas, die Hauptstadt meiner Heimat Venezuela. Er fragte mich, wie das Leben in dieser Großstadt möglich sei, wo Gewalt, Anarchie und Armut herrschen. Darauf antwortete ich, dass man dort nur mit einem ausgesprochenen Sinn für Kunst und Poesie überleben könne.“ So schreibt Frau Gutierrez-Wienken zu Beginn. Und vielleicht ist dies das Geheimnis dieses Buches. Denn die darin zu findende Urbane Poesie ermöglicht stille und tiefe Momente, die weit über Heidelberg hinausgehen.

Es ist das richtige Buch für den lesenden Flaneur und den denkenden Fotografen, der nicht nur die Gegenwart sieht sondern spürt wie Vergangenheit und Gegenwart der Stoff sind aus dem die Zukunft wird, die dann auch nur die neue Gegenwart ist.

Aber bevor ich zu philosophisch werde stoppe ich hier.

Das Buch ist gelungen, ansprechend und ein echtes Geschenk.

Es ist im Morio-Verlag erschienen.

Heidelberg schwarz auf weiß

Fotografien von Thaddäus Zech und Texte von Johann Wolfgang von Goethe bis Hilde Domin, ausgewählt von Geraldine Gutierrez-Wienken.

ISBN 9783945424377